Chronologie:
Die Klägerin litt infolge einer Sturzverletzung unter Schmerzen im
Bereich ihres rechten Handgelenks. Diese waren belastungsabhängig. Sie
stellte sich aufgrund dessen in der Klinik der Beklagten vor, wo ihr
mitgeteilt wurde, dass die Tendovaginitis stenosans im Bereich des
ersten Strecksehnenfaches mittels einer operativen Ringspaltung zu
behandeln sei. Alternativen dazu wurden der Klägerin nicht aufgezeigt.
Da diese sich wegen der OP jedoch unsicher war, ließ sie diese zunächst
nicht vornehmen. Vielmehr unternahm sie zahlreiche konservative
Behandlungsmöglichkeiten, die jedoch ebenfalls nicht zu einer
nachhaltigen Beschwerdelinderung führten. Ohne dass sie erneut
aufgeklärt wurde, fand der oben benannte Eingriff statt. In der Folge
entwickelte sich bei ihr im Handgelenksbereich ein Morbus Sudeck (CRPS),
d. h. ein chronisches Schmerzsyndrom. Ebenfalls bildete sich eine
Atrophie im Handgelenksbereich. Die Hand war seither extrem
berührungsempfindlich. Die Klägerin leidet unter dauerhaften Schmerzen.
Verfahren:
Nachdem die Klage erstinstanzlich vor dem Landgericht Münster zunächst
abgewiesen wurde, arbeitete der Arzthaftungssenat am OLG Hamm die
Angelegenheit in rechtlicher Hinsicht wesentlich genauer auf. Die
Vorwürfe wurden dahingehend bestätigt, dass die Klägerin zu keiner Zeit
über die Möglichkeit bestehender Behandlungsalternativen aufgeklärt
wurde. Demzufolge sei der auch Monate später stattgehabte Eingriff
rechtswidrig gewesen. Der Klägerin wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von
40.000,00 € zugesprochen. Zusätzlich ist die Beklagte verpflichtet, der
Klägerin die materiellen Schäden (Haushaltsführungsschäden,
Folgebehandlungskosten, etc.) aufgrund des rechtswidrigen Eingriffs zu
ersetzen.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
In landgerichtlichen Verfahren ist es manchmal so, dass
arzthaftungsrechtlichen Angelegenheiten – trotz der enormen Wichtigkeit
für die geschädigten Patienten – nicht die gebotene Aufmerksamkeit
geschenkt wird. So war auch in diesem Fall in rechtlicher Hinsicht ein
Schritt weiter zu denken. Die Klägerin wurde zu keiner Zeit
ordnungsgemäß über die bestehenden Behandlungsalternativen aufgeklärt.
Es war daher irrelevant, ob die Klägerin zwischenzeitlich sämtliche
konservative Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hatte. So darf ein
Eingriff nämlich nur dann vorgenommen werden, wenn er auf einer
ordnungsgemäßen Aufklärung beruht. Eine Alternativaufklärung wurde der
Klägerin jedoch zu keinem Zeitpunkt zuteil, so dass auch der spätere
Eingriff rechtswidrig war, obwohl zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich
keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten mehr bestanden hätten,
stellen Rechtsanwalt Marius B. Gilsbach LLM und Dr. D.C.Ciper LLM, beide
Fachanwälte für Medizinrecht klar.