Chronologie:
Die Klägerin litt von Geburt an an wiederkehrenden Ohrenentzündungen.
Sie befand sich aufgrund dessen in der Behandlung bei dem beklagten
HNO-Arzt. Dieser operierte sie, wobei das dabei entnommene Gewebe jedoch
nicht einer histologischen Untersuchung zugeführt wurde.
Dementsprechend blieb das Krankheitsbild eines Cholesteatoms unerkannt
und unbehandelt. In den folgenden zwei Jahren stellte sich die Klägerin
immer wieder beim Beklagten vor. Obwohl diese eine zunehmende
Symptomatik (Schwindelbeschwerden, deutliche Höreinschränkungen)
beklagte, wurden keine weiteren Untersuchungen veranlasst.
Verfahren:
Außergerichtlich war bereits die Schlichtungsstelle der Norddeutschen
Ärztekammern mit der Bewertung der Angelegenheit beauftragt worden. Von
dort aus wurde festgestellt, dass sich das Cholesteatom aufgrund der
fehlerhaften Operation im Mittelohr weiter ausbreiten konnte, zu einer
Destruktion der Gehörknöchelchenkette führte und das Gleichgewichtsorgan
arrodierte. Trotz dieser Feststellungen lehnte der gegnerische
Haftpflichtversicherer eine Regulierung ab. Es kam sodann zur Klage vor
dem Landgericht Hannover. Auch der dort bestellte Sachverständige
bestätigte das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers. Die Kammer
schlug den Parteien sodann einen Vergleich in Höhe von 30.000,00 € vor,
den diese akzeptierten.
Anmerkungen von Ciper & Coll.:
Obwohl in dem bei der Ärztekammer geführten Schlichtungsstellenverfahren
das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers bestätigt wurde, sah sich
die gegnerische Partei nicht dazu veranlasst, den entstandenen Schaden
außergerichtlich regulieren zu wollen. Dabei hatte auch die Ärztekammer
festgestellt, dass der gegnerische Arzt der Patientin zum Schadensersatz
verpflichtet sei. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die hinter den
Ärzten und Krankenhäusern stehenden Haftpflichtversicherungen es trotz
solch eindeutiger Feststellungen oftmals auf ein gerichtliches Verfahren
ankommen lassen. So wird gehofft, dass geschädigte Patienten ein
gerichtliches Verfahren (aus Kostengründen) scheuen, oder aber ein
Sachverständiger im Rechtsstreit das Vorliegen eines Behandlungsfehlers
verneint. Dieser Fall zeigt einmal mehr auf, warum geschädigte Patienten
sich ein solches Verhalten nicht gefallen lassen sollten, meinen
Rechtsanwalt Marius Gilsbach LLM und Rechtsanwalt Dr. D.C.Ciper LLM,
beide Fachanwälte für Medizinrecht.